Katholische Kirche soll sich auf “synodalem Weg” erneuern

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Wohin der "synodale Weg" die katholische Kirche in Deutschland führt, ist noch ungewiss. Sicher ist, sie hat einiges an Gepäck dabei.
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  • Beitrag veröffentlicht:8. November 2019
  • Beitrags-Kategorie:Religion

Der Druck, der auf der katholischen Kirche lastet, ist übermächtig: Missbrauchsskandal, Verlust der Glaubwürdigkeit, Mitgliederschwund, Reformstau. Die “heißen Eisen” wollen Bischöfe und katholische Laien jetzt gemeinsam anpacken, auf einem “synodalen Weg”. Schon vorab scheiden sich an diesem Vorhaben die Geister: Was wird der synodale Weg ausrichten können – und was nicht?

Die katholische Kirche in Deutschland hat sich auf den „synodalen Weg“ gemacht. Gemeint ist ein Prozess, der Geweihte (Kleriker) und Ungeweihte (Laien) in vier Foren zusammenbringt. Nach monatelanger Vorbereitung wird dort ab dem 1. Advent über Macht und Gewaltenteilung, Zölibat, Sexualmoral und die Rolle der Frau in der Kirche diskutiert. Auslöser für dieses auf zwei Jahre angelegte Format sind vor allem die Missbrauchsvorwürfe, die die Kirche seit Jahren erschüttern. Der Handlungsdruck nach Veröffentlichung der sogenannten MHG-Studie zum Missbrauch in der Kirche ist groß. Aber hat der synodale Weg die Kraft zu Reformen?

In universal geltendes Kirchenrecht kann er ohnehin nicht eingreifen. Fragen zu Zölibat und Sexualmoral oder zur Öffnung von Weiheämtern für Frauen sind Sache der katholischen Weltkirche und könnten nur in Rom und nicht von einer deutschen Teilkirche entschieden werden. Jede Spekulation darüber hat Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) beendet. „Abenteuerlich“ nannte er die Vorstellung von einem Sonderweg der Kirche in Deutschland.

Frauen sollen an der Macht teilhaben

Welche Themen aber bleiben? Frauen in Diensten und Ämtern, die keiner Weihe bedürfen, als Predigende in der Messe, in Leitungspositionen eines Bistums – all das kann sich Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees deutscher Katholiken (ZdK) und damit ranghöchster katholischer Laie, im Gespräch mit „Kirche + Leben“ vorstellen. Auch Kardinal Marx will Frauen an der Macht in der Kirche beteiligen – außerhalb der Weiheämter: „Die ,Ministerien’ im Vatikan können ohne weiteres von Frauen geleitet werden, warum nicht?“, sagte er auf dem evangelischen Kirchentag in Dortmund. Finanziell gibt es auch Spielräume: Denn wie die Kirchensteuer verwendet wird, verantwortet jeder Bischof selbst – das geht ohne Rom. Wo auf dem synodalen Weg aber tatsächlich konkrete Schritte getan werden, ist abzuwarten.

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Mitgliederschwund – Wie will die Kirche noch überzeugen?

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Im vergangenen Jahr haben besonders viele Menschen die katholische oder evangelische Kirche verlassen.
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  • Beitrag veröffentlicht:1. Oktober 2019
  • Beitrags-Kategorie:Religion

Die erwarteten Mitgliedszahlen sind drastisch nach unten korrigiert worden: Finanziell müssen evangelische und katholische Kirche den Gürtel enger schnallen. Gleichzeitig wollen sie kirchenferne Menschen erreichen. Mit neuen Formaten und neuer Offenheit soll das gelingen.

Bis 2060 sollen sich die Mitgliedszahlen der beiden Volkskirchen in Deutschland nahezu halbieren: Angesichts dieser Prognose spricht Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz von einem „Aufruf zur Mission“. Auf Seiten der Evangelischen Kirche in Deutschland will der Ratsvorsitzende Bischof Heinrich Bedford-Strohm die „starke Botschaft wieder in den Herzen der Menschen verwurzeln“. Die beiden Kirchenoberen geben damit keine neue Losung aus. Wie man Menschen auf den Glauben anspricht, wenn evangelische Pfarrer und katholische Priester allsonntäglich vor fast leerem Haus predigen, fragen sich die Kirchen seit vielen Jahren.

Jungen Erwachsenen ist Kirche besonders fremd

Aus Konvention zur Kirche gehören war gestern. Heute muss Kirche überzeugen: Auffallend selten schafft sie das bei jungen Erwachsenen bis 35 Jahre – und bei Großstädtern, wie eine Recherche der Zeit-Beilage „Christ & Welt“ ergab. Jenseits des Missbrauchsskandals treten Menschen vor allem aus der Kirche aus, weil sie ihnen fremd geworden ist, sie hat ihre Bindungskraft verloren. So weit eine Studie des katholischen Bistums Essen 2018. Darin wird auch ein neues Zukunftsbild von Kirche entworfen: einer „Kirche mit offenen Rändern in Bewegung“ – als Gegenkonzept zum starren „drinnen“ oder „draußen“.

Neue Konzepte werden gesucht

Neue Formen und Ideen von Gemeinde jenseits enger Kategorien sollen entstehen können, das ist auch die Erkenntnis in der evangelischen Kirche. Um solche „Erprobungsräume“ kümmert sich seit 1. August Pfarrerin Rebecca John Klug am „Zentrum Gemeinde und Kirchenentwicklung“ in Wuppertal. Sie hat dort als Landespfarrerin der Evangelischen Kirche im Rheinland eine ganz neu geschaffene Projektstelle angetreten und soll Initiativen für kirchenferne Menschen begleiten und vernetzen. „Wir müssen Menschen einen Raum eröffnen“, sagt sie. „Einfach Kirchenmitglieder gewinnen zu wollen, kann nicht das Ziel sein.“ Es geht um mehr.

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Straftäter sitzen in der Schuldenfalle

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  • Beitrag veröffentlicht:9. September 2019
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Geldsorgen im “Knast”: Gefangene mit Langstrafen sind finanziell meist am Ende. Es ist ein Problem, für das sich die Öffentlichkeit kaum interessiert. Dabei führt nur ein wirksamer Schuldenabbau in die Legalität zurück. 

Still und heimlich hat die frühere RAFTerroristin Brigitte Mohnhaupt am 25. März 2007 die Justizvollzugsanstalt im bayerischen Aichach verlassen  nach 24 Jahren Haft. Normal wurde das Leben für sie nicht mehr, nicht nur wegen ihrer Vergangenheit und der Neugier von Menschen und Medien. Wie die meisten “Lebenslänglichen” hat auch Brigitte Mohnhaupt jede Menge Schulden.

Rund eine Million DMark soll der Prozess gegen die früheren RAFTerroristen Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar im Jahr 1985 gekostet haben. Rechnet man die privaten Forderungen all derer zusammen, denen Brigitte Mohnhaupt Schaden und Schmerz zugefügt hat, dann kommt man auf einen Betrag, der “dick in die Millionen Euro geht”, sagt Wolfgang Deuschl, damals Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Aichach: Ermittlungs und Prozesskosten, Schmerzensgeld, Renten, Gutachten. In Aichach hat Mohnhaupt 24 Jahre für die Beteiligung an neun Morden hinter Gittern verbracht.

Ein Totschläger zahlt 150 000 Euro ab

Auch Sebastian F. (Name geändert) trägt den größten Teil seiner Schulden auschließlich wegen seiner Schuld. Mit zwei Mittätern hat er einen Mann erstochen, einen anderen schwer verletzt. Jetzt wohnt der 36jährige verurteilte Totschläger in der Limburger Straße 122 in Diez  in der JVA. Und hat im Monat nur noch 150 bis 200 Euro Gefängnislohn, um einen Berg von etwa 150 000 Euro abzutragen, ohne Zinsen: Privatkredite aus der Zeit vor der Haft, Gerichtskosten, Schmerzensgeld. Dazu soll Sebastian bis 2046 monatlich 600 Euro Unterhalt zahlen  an die Familie des Menschen, den er erstochen hat. Im rheinlandpfälzischen Diez leben 120 Gefangene mit dem Urteil “lebenslänglich”: Wer Schulden hat, steht mit 20 000 bis 150 000 Euro in der Kreide. Und nur wer dabei nicht den Kopf in den Sand steckt, hat eine Chance, wieder aus dem finanziellen Sumpf herauszukommen .

Wie hoch sich der Schuldenberg vor einem der Langstrafenhäftlinge türmt, hängt vor allem von der Tat ab: Bei Gewalt und Tötungsdelikten fordern Opfer und Familien Schmerzensgeld  und Rente, wenn ihnen der Ernährer aus dem Leben gerissen wurde. Die Gerichtskosten steigen mit jedem Verhandlungstag und jedem geladenen Zeugen, mit psychologischen und rechtsmedizinischen Gutachten und den Sicherheitsvorkehrungen, die das Gericht für den Prozess trifft. Allein das hat im Fall Mohnhaupt und Klar Unsummen geschluckt: Bis zum Urteil am 2. April 1985 hatten sieben Berufsrichter an 85 Verhandlungstagen die Verbrechen der Terroristen untersucht, Mohnhaupt hatte fünf, Klar vier Verteidiger. Mindestens 20 Polizisten sicherten den Saal im Oberlandesgericht Stuttgart, plus 10 Gerichtswachtmeister  so weit das Gerichtsarchiv.

Vergleichsweise moderat wirken daneben Sebastians geschätzte 50 000 Euro Gerichtskosten, für 15 Verhandlungstage, für ihn und seine Mittäter. Klagen über seinen Schuldenberg hört man von Sebastian nicht. Er hat seine Lage selbst verursacht, er macht sich nichts vor: “Da kann ich niemand anderen für verantwortlich machen”, sagt er. Trotzdem, der Berg ist erdrückend. “Wenn ich rauskomme, dann fange ich bei Minus an, nicht bei Null.” Dass seine ebenfalls verurteilten Mittäter ihren Anteil abtragen, damit rechnet Sebastian nicht: “Die haben in ihrem Leben noch nie was gearbeitet.”

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