Quo vadis, katholische Kirche?

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Die katholische Kirche erlebt in Deutschland die wohl größte Krise seit ihrem Bestehen. Quelle: Pixabay.com

In der katholischen Kirche scheinen alle Dämme zu brechen. Die Flut der Missbrauchsskandale reißt alles mit sich, was sich bisher Reformbemühungen widersetzte. Mit einem Mal steht der verpflichtende Zölibat für Priester zur Disposition, könnten Frauen zu Diakoninnen geweiht werden, homosexuelle Paare gesegnet und queere Kirchenmitarbeiter nicht länger benachteiligt werden. Und das katholische Fremdwort „synodal“ erscheint als das Wort der Verheißung, mit dem sich die Kirche in eine bessere Zukunft retten will. Zuletzt meldete sich der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, zu Wort. Er forderte, dass der Staat hier Verantwortung übernehmen müsse. Bericht und Kommentar von Norbert Abt.

Ausgelöst hat diesen Dammbruch der Missbrauchsbericht einer Münchener Kanzlei im Auftrag des Erzbistums München und Freising, ein Gutachten über Missbrauchsfälle in der Zeit von 1945 bis 2019. Darin werden allen Bischöfen Versäumnisse im Umgang mit Missbrauchsfällen vorgeworfen, darunter auch Benedikt XVI. in vier Missbrauchsfällen in den Jahren 1977 bis 1982, als dieser Erzbischof in München war. Einmal mehr wurde in dem Bericht deutlich, dass Kirchenverantwortliche nichts oder viel zu wenig für Missbrauchsopfer getan haben und stattdessen die Täter, die schuldig gewordenen Priester, schützten. Es sind die gleichen Vorwürfe wie in früheren Untersuchungen; doch dieses Mal lösten sie eine Flut an Kritik aus, die die katholische Kirche in Deutschland unter sich begrub.

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Transparenz in der katholischen Kirche: Bitte jetzt keinen Applaus!

Die Meldung hat hohe Wellen geschlagen: Vor wenigen Tagen hat Papst Franziskus verfügt, dass kirchliche Strafverfahren bei Missbrauchsfällen nicht mehr der Geheimhaltung unterliegen. Das sogenannte „päpstliche Geheimnis“ ist damit für diese Fälle abgeschafft: Für Polizei und Staatsanwaltschaft wird es deutlich einfacher, auf Kirchenakten zuzugreifen. Ein Kommentar von Eva Heuser.

Papst Franziskus hat wichtige Schlupflöcher für Sexualstraftäter wie Vertuscher im kirchlichen Getriebe geschlossen. Doch wirft die jüngste Entscheidung des Papstes, das „päpstliche Geheimnis“ für Fälle sexuellen Missbrauchs abzuschaffen, auch wieder einmal ein Schlaglicht auf die dunklen Seiten der Kirche: auf das, was bisher möglich war. Auf die Selbstherrlichkeit, den Narzissmus, die Feigheit und menschliche Schwäche im Klerus, die ein System ermöglicht hat, dessen Erhalt für einige seiner Mitglieder höchste Priorität hatte und die dafür in Kauf genommen haben, die schwächsten Glieder der Kirche im Stich zu lassen.

Verschärft wird das kirchliche Strafrecht jetzt dort, wo es um kinderpornografische Darstellungen geht, um deren Besitz und Verbreitung. Die Altersgrenze für Opfer wird bis zur Volljährigkeit erhöht, zuvor lag sie bei 14 Jahren. Deutlich verschärft hat Papst Franziskus das Kirchenrecht auch schon in seinem Juni-Dekret „Ihr seid das Licht der Welt“, weil zum ersten Mal neben sexuellem Missbrauch auch das Vertuschen dieser Taten strafbar wurde. Verschärft wurde das Kirchenrecht gleichzeitig durch die Meldepflicht an kirchliche Vorgesetzte. All das ist gut, wichtig und richtig.

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Katholische Kirche: Der “synodale Weg” und seine Vorgeschichte – eine Chronologie

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  • Beitrag veröffentlicht:15. November 2019
  • Beitrags-Kategorie:Makro

Der “synodale Weg”, den die katholischen Bischöfe in Deutschland gemeinsam mit katholischen Laien gehen wollen, beginnt am 1. Advent. Er soll Reformen in der Kirche anstoßen. Die Themen reichen von katholischer Sexualmoral und Zölibat bis zu kirchlichen Machtstrukturen und der Rolle der Frauen. Seine unmittelbare Vorgeschichte allerdings ist lang und wurzelt im Missbrauchsskandal des Jahres 2010. 

Eine Chronologie der Ereignisse:

  • 2010 ist für die katholische Kirche in Deutschland ein Schicksalsjahr. Der sexuelle Missbrauch am Berliner Canisius-Kolleg wird publik und zieht eine Welle von Meldungen über Missbrauchsfälle nach sich.
  • Erzbischof Robert Zollitsch, damals Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK, der Zusammenschluss der deutschen Bischöfe), ruft daraufhin einen Gesprächsprozess ins Leben. Zwischen 2011 und 2015 sollen in jährlichen Gesprächsforen Antworten auf drängende Fragen gesucht werden. Das Positive: Kleriker und Nicht-Geweihte, die sogenannten Laien, kommen miteinander ins Gespräch – auch zu lange tabuisierten Themen wie Homosexualität und der Lage von wiederverheirateten Geschiedenen. Auch die Rolle der Frauen und die stärkere Teilhabe von Gläubigen am kirchlichen Leben sind Thema. Das Negative: Es bleibt meist bei Impulsen. Konkret reformiert wird nur das kirchliche Arbeitsrecht.
  • Im September 2018 stellt die DBK die sogenannte MHG-Studie zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche vor. Das Akronym „MHG“ verweist auf die Universitäten in Mannheim, Heidelberg, Gießen, deren Wissenschaftler an der Studie mitgearbeitet haben.
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