Katholische Kirche: Der “synodale Weg” und seine Vorgeschichte – eine Chronologie

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  • Beitrag veröffentlicht:15. November 2019
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Der “synodale Weg”, den die katholischen Bischöfe in Deutschland gemeinsam mit katholischen Laien gehen wollen, beginnt am 1. Advent. Er soll Reformen in der Kirche anstoßen. Die Themen reichen von katholischer Sexualmoral und Zölibat bis zu kirchlichen Machtstrukturen und der Rolle der Frauen. Seine unmittelbare Vorgeschichte allerdings ist lang und wurzelt im Missbrauchsskandal des Jahres 2010. 

Eine Chronologie der Ereignisse:

  • 2010 ist für die katholische Kirche in Deutschland ein Schicksalsjahr. Der sexuelle Missbrauch am Berliner Canisius-Kolleg wird publik und zieht eine Welle von Meldungen über Missbrauchsfälle nach sich.
  • Erzbischof Robert Zollitsch, damals Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK, der Zusammenschluss der deutschen Bischöfe), ruft daraufhin einen Gesprächsprozess ins Leben. Zwischen 2011 und 2015 sollen in jährlichen Gesprächsforen Antworten auf drängende Fragen gesucht werden. Das Positive: Kleriker und Nicht-Geweihte, die sogenannten Laien, kommen miteinander ins Gespräch – auch zu lange tabuisierten Themen wie Homosexualität und der Lage von wiederverheirateten Geschiedenen. Auch die Rolle der Frauen und die stärkere Teilhabe von Gläubigen am kirchlichen Leben sind Thema. Das Negative: Es bleibt meist bei Impulsen. Konkret reformiert wird nur das kirchliche Arbeitsrecht.
  • Im September 2018 stellt die DBK die sogenannte MHG-Studie zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche vor. Das Akronym „MHG“ verweist auf die Universitäten in Mannheim, Heidelberg, Gießen, deren Wissenschaftler an der Studie mitgearbeitet haben.

  • Im März 2019 entscheidet sich die DBK auf ihrer Vollversammlung in Lingen für einen „synodalen Weg“. Das Format ist auf zwei Jahre angelegt und wird gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK, die Vertretung der katholischen Laien) bestritten. Drei Foren stehen fest: „Macht, Partizipation, Gewaltenteilung“, „Sexualmoral“ und „Priesterliche Lebensform“. Das ZdK fordert offene Beratungen und verbindliche Beschlüsse. Der Missbrauchsskandal wird nicht in einem eigenen Forum behandelt, hat aber den Anstoß für die Themen gegeben und durchzieht die Foren inhaltlich. Im Zusammenhang mit dem synodalen Weg soll auch über mögliche Entschädigungen für Opfer weiter informiert werden.
  • Im Sommer 2019 wird auf Wunsch des ZdK ein viertes Forum hinzugefügt: „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“.
  • Am 29. Juni 2019 schreibt Papst Franziskus den Brief An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“.
  • Anfang September 2019 erreicht ein Schreiben aus Rom Kardinal Reinhard Marx als DBK-Vorsitzenden. Kardinal Marc Ouellet von der Kongregation für die Bischöfe mahnt darin die Einheit mit der Weltkirche an. Die Arbeiten am Statut (der Satzung) des synodalen Weges, das den rechtlichen Rahmen festlegt, sind in Deutschland in vollem Gang – die beschlussfassende Synodalversammlung ist zu gleichen Teilen mit Bischöfen und Laien besetzt, der synodale Weg wird von DBK und ZdK gemeinsam verantwortet. Ouellet schickt daher ein Rechtsgutachten des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte mit. Darin werden die Grenzen des synodalen Weges aufgezeigt: Themen, die die Weltkirche betreffen (das sind augenscheinlich fast alle), können nicht von einer Teilkirche in Deutschland entschieden werden, darüber entscheidet der Papst. Bischöfe und Laien können gemeinsam beraten, Entscheidungen aber fällen die Bischöfe.
  • Am 13./14. September tagt die um mehrere Personen erweiterte „Gemeinsame Konferenz“ aus DBK- und ZdK-Mitgliedern in Fulda. Die Arbeiten am Statut und die Vorbereitung der Themenforen gehen weiter.
  • Im Anschluss reist Kardinal Marx Mitte September nach Rom. Dort spricht er auch mit Papst Franziskus und Kardinal Ouellet über den synodalen Weg.
  • Vom 23. bis 26. September beraten die Bischöfe auf der DBK-Vollversammlung in Fulda über den synodalen Weg. Das Statut wird am 25.9. von den Bischöfen angenommen.
  • Das Statut des synodalen Weges wird am 18. Oktober vom Hauptausschuss des ZdK angenommen und danach veröffentlicht. Endgültig soll das Statut am 22. November von der ZdK-Vollversammlung angenommen werden, die Zustimmung gilt als sicher. Am 8. November wird das Logo des synodalen Weges vorgestellt.
  • Am 1. Advent 2019 beginnt der synodale Weg. In den vier Foren kommen Priester, Bischöfe, katholische Laien und Wissenschaftler zusammen. Jedes Forum wird gemeinsam von einem Bischof und einem Nicht-Kleriker geleitet.