Quo vadis, katholische Kirche?
In der katholischen Kirche scheinen alle Dämme zu brechen. Die Flut der Missbrauchsskandale reißt alles mit sich, was sich bisher Reformbemühungen widersetzte. Mit einem Mal steht der verpflichtende Zölibat für Priester zur Disposition, könnten Frauen zu Diakoninnen geweiht werden, homosexuelle Paare gesegnet und queere Kirchenmitarbeiter nicht länger benachteiligt werden. Und das katholische Fremdwort „synodal“ erscheint als das Wort der Verheißung, mit dem sich die Kirche in eine bessere Zukunft retten will. Zuletzt meldete sich der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, zu Wort. Er forderte, dass der Staat hier Verantwortung übernehmen müsse. Bericht und Kommentar von Norbert Abt.
Ausgelöst hat diesen Dammbruch der Missbrauchsbericht einer Münchener Kanzlei im Auftrag des Erzbistums München und Freising, ein Gutachten über Missbrauchsfälle in der Zeit von 1945 bis 2019. Darin werden allen Bischöfen Versäumnisse im Umgang mit Missbrauchsfällen vorgeworfen, darunter auch Benedikt XVI. in vier Missbrauchsfällen in den Jahren 1977 bis 1982, als dieser Erzbischof in München war. Einmal mehr wurde in dem Bericht deutlich, dass Kirchenverantwortliche nichts oder viel zu wenig für Missbrauchsopfer getan haben und stattdessen die Täter, die schuldig gewordenen Priester, schützten. Es sind die gleichen Vorwürfe wie in früheren Untersuchungen; doch dieses Mal lösten sie eine Flut an Kritik aus, die die katholische Kirche in Deutschland unter sich begrub.