Als Bischof des kleinen und jungen Bistums Limburg galt er nicht unbedingt als Favorit für die Nachfolge von Reinhard Marx. Doch einige Beobachter hatten ihn sehr wohl auf dem Zettel für den Vorsitz der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK): Dr. Georg Bätzing. Am 3. März wählten die 69 Bischöfe ihn zu ihrem neuen Vorsitzenden und Sprecher. Er ist damit das Gesicht und der erste Repräsentant der 23 Millionen Katholiken im Land.
Er habe, so Bätzing, nicht mit seiner Wahl gerechnet. Sie war wohl auch eine logische Folge des Austauschs in den Kleingruppen der Bischöfe am Tag der Wahl, als es um die Erwartungen und Anforderungen an den „Neuen“ ging. Viele wünschten sich einen authentischen und vermittelnden Vorsitzenden. Und so bezeichnete der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann Bätzing als “Wunschkandidaten”.
Es muss etwas passieren
Sicher ist Bätzings Wahl auf der Frühjahrsvollversammlung der DBK in Mainz auch ein Ausdruck dessen, wie ratlos die katholischen Bischöfe sind. Die Missbrauchsfälle hängen den Bischöfen wie Mühlsteine um den Hals. Das Vertrauen ist dahin, im Kreis der Exzellenzen ist man sich zudem alles andere als einig, was zu tun ist. Dabei trifft die katholische Kirche nicht nur auf das Misstrauen der Gesellschaft, auch in weiten Teilen der Kirche ziehen sich mehr und mehr engagierte Gemeindemitglieder enttäuscht zurück, manche treten sogar aus, weil sie lange, zu lange auf Veränderungen in der Kirche gewartet haben.
Wer mit ihm spricht, fühlt sich verstanden
Georg Bätzing, Jahrgang 1961, ist ein Mann, der durch seine verbindliche Art neues Vertrauen gewinnen soll und kann. Das hat er bewiesen, als er 2016 Bischof von Limburg wurde und die Scherben des Vertrauens nach dem Weggang von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst und dessen Skandal um die überteuerte Sanierung des Bischofssitzes zusammenkehren musste. Das ist ihm auch durchaus gelungen. Mitarbeitende des Bistums beschreiben ihn als einen Mann, der gut zuhören kann und offen ist für deren Anliegen. Kritiker hingegen meinen, dass Offenheit schon lange nicht mehr ausreicht und stattdessen echte Veränderungen an der Zeit sind, die auch in Limburg, einem vergleichsweise fortschrittlichen Bistum, auf sich warten lassen.
Dass Bätzing nun Sprecher der deutschen Bischöfe ist, dürfte auch auf Reinhard Marx zurückgehen, der für viele überraschend, erst vor einigen Wochen erklärte, nicht wieder für den Vorsitz zu kandidieren. Marx und Bätzing kennen sich aus Trierer Zeiten, teilen viele Einschätzungen und sind einander verbunden.
Anderer Leitungsstil
Bätzing strahlt etwas sympathisch Jungenhaftes aus. Der gebürtige Westerwälder hört aufmerksam zu, redet ruhig, klar und bedacht und erweckt Vertrauen beim Zuhörenden. Er hat eine gewinnende Art mit Menschen zu sprechen. Er wirkt nicht so dominant wie sein Vorgänger Kardinal Marx, der allein schon durch seine Körperfülle und sein rhetorisches Talent Macht ausübte und Eindruck hinterließ. Und so meint denn auch das Internetportal „katholisch.de“, dass der Wechsel im Vorsitz eine Veränderung vom „Kirchenfürsten“ zum „freundlichen Kommunikator“ sei.
Weniger dominant
Seine Stärken werden Georg Bätzing in seiner neuen Funktion als Vorsitzender der katholischen Bischöfe zugutekommen. Denn mit seiner offenen und verbindlichen Art dürfte er das Miteinander der Bischöfe in diesen schwierigen Zeiten erleichtern und deren gemeinsame Außendarstellung gut bewältigen. Seine Gabe Zuzuhören und Wiederzugeben ist deutlich stärker, als die Fähigkeit mitreißend zu reden und zu überzeugen.
Georg Bätzing: Die Rolle der Frau ist die „dringendste Zukunftsfrage“
Die Rolle der Frau in der katholischen Kirche versteht Bätzing als wichtigste Herausforderung seiner Amtszeit. „Die Thematik ,Frau in der Kirche’ ist die dringendsteZukunftsfrage, die wir haben“, so Bätzing gegenüber der ARD. Hier habe die Kirche „Nachholbedarf“. Katholische Frauen warteten ungeduldig auf Fortschritte. „Wir werden nicht mehr warten können, dass Frauen zu gleichen Rechten kommen“, sagt er. Insbesondere auf der Leitungsebene der Bistümer müssten Frauen gleichberechtigt sein. „Das brauchen wir“, meint Bätzing.
„Es schadet nicht, wenn Priester verheiratet sind“
Im Februar letzten Jahres erklärte Bätzing, der Zölibat der Priester sollte keine Pflicht, sondern künftig freiwillig sein. Er bleibe aber wertvoll, denn „so hat Jesus gelebt. Als Priester will ich nicht nur Funktionär und Beamter sein, sondern will eigentlich in seinen Fußstapfen gehen“. Und weiter: „Ich glaube, dass es nicht schadet, wenn Priester verheiratet sind, weil sie dann auch diese Erfahrungen einbringen können“, sagte Bätzing dem ZDF. Er sei schon lange der Ansicht, dass die Kirche „beide Formen“ ermöglichen solle. Zudem kann er sich die Weihe von Frauen vorstellen, für das Diakonat – zur Weihe von Frauen als Priester äußert er sich nicht, das geht ihm sicherlich zu weit.
Selbst Kirchenkritiker sind optimistisch
Selbst Kirchenkritiker befürworten Bätzings Wahl und setzen große Hoffnungen auf ihn. Dabei muss man sich allerdings vor Augen halten, dass der Vorsitzende nichts anderes als ein Moderator und Sprecher des deutschen Bischofskollegiums ist. Letztlich entscheidet in einem Bistum zunächst immer der Bischof. Genau hier gibt es auch Kritik an Bätzing: Er sei viel besser darin, Missstände und Veränderungsbedarf zu benennen als substanzielle Veränderungen anzugehen. Zudem ist es schwer vorstellbar, dass es in der katholischen Kirche in Deutschland zu weitreichenden Veränderungen kommt, die auch der Vatikan mitträgt. Hier ist die deutsche Kirche eben nur eine unter vieklen.
Mit Bätzing verbindet sich der im Dezember begonnene synodale Weg: Bätzing ist einer der beiden Vorsitzenden des Forums „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ zur katholischen Sexuallehre. Für den synodalen Weg setzt er sich ein. Hier scheint er geradezu in seinem Element zu sein: im Gesprächsprozess.
Kann er ein „Drachentöter“ sein?
Für die Verständigung unter den deutschen Bischöfen und den synodalen Weg ist Bischof Georg Bätzing der Mann der Stunde. Damit wird er dem selbstgewählten Motto seines Bischofswappens „Congrega in unum“ („Führe zusammen“) sicher gerecht.
Ob sich mit seinem Namen und seinen Amtsjahren aber auch substanzielle Schritte und Veränderungen in der deutschen katholischen Kirche verbinden werden, ist eine offene Frage. Da wird Bischof Georg, der in seinem Wappen das Bild des Drachen führt, noch zeigen müssen, ob er tatsächlich in der Tradition des Heiligen Georg steht und Drachen töten, also substantielle Veränderungen herbeiführen kann.