Seit Mai 2014 ist Narendra Modi indischer Premierminister. Der Politiker der regierenden hindu-nationalistischen „Bharatiya Janata Partei“ (BJP) lässt keinen Zweifel daran, dass er Indien Schritt für Schritt zu einem Hindu-Staat machen will. Damit bricht er auch mit dem Selbstverständnis der Unabhängigkeitsbewegung unter Nehru und Gandhi, die Teil des indischen Bewusstseins ist. Zugleich birgt diese Politik gewaltigen gesellschaftlichen Zündstoff. Sie richtet sich vor allem gegen Muslime, die größte religiöse Minderheit im Land.
Am 13. Dezember des vergangenen Jahres kam Premierminister Modi zur Einweihung des neuen Tempelbezirks, der in Varanasi in zweieinhalb Jahren um den bedeutenden alten Kashi-Vishvanath-Tempel herum gebaut wurde. Dabei sprach er teilweise mehr wie ein Priester statt wie ein Regierungschef, der sich allen Bevölkerungsgruppen verpflichtet weiß. In einem Sprechgesang stellte er vor den jubelnden Hindu-Gläubigen fest: „Überall ist Lord Shiva, Sieg der Mutter Annapurna, Sieg der Mutter Ganga“ – mit diesen religiösen Formeln begann er seine Rede in Varanasi am für Hindus heiligen Fluss Ganges. „In unseren heiligen Schriften heißt es, dass man von allen Fesseln befreit wird, sobald man Kashi betritt”, so Modi. „Der Segen von Lord Vishweshwara, eine übernatürliche Energie, erweckt unsere innere Seele, sobald wir hierherkommen.“
Varanasi liegt im Bundesstaat Uttar Pradesh und wird im Hinduismus als heiligste Stadt angesehen. Sie wird auch Benares oder Kashi genannt. Von den etwa 1,2 Milliarden Indern sind 79,8 Prozent Hindus und 14,2 Prozent Muslime. Christen machen 2,3 Prozent, Sikhs 1,7 Prozent, Buddhisten 0,7 Prozent der Bevölkerung aus.