Beate Gilles: Generalin oder Sekretärin?

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Die neue Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Dr. Beate Gilles. Foto: Sascha Steinbach/EPA Pool

Mit der Wahl von Dr. Beate Gilles zur ersten Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) setzt die katholische Kirche in Deutschland ein Signal. Doch ist es nur ein Zeichen oder ein ernst zu nehmendes Anzeichen für eine echte Veränderung? Die Frage lässt sich auch so formulieren: Wird Dr. Beate Gilles in ihrer künftigen Funktion Generalin oder eher Sekretärin sein?

Sichtlich zufrieden stellte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, Beate Gilles zu Beginn der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe in Bonn der Öffentlichkeit vor. Er beschrieb sie als „theologisch versiert, leitungserfahren, kommunikativ, offen für Innovation, erfahren in der Steuerung von Prozessen, kirchlich loyal, rheinisch-katholisch und humorvoll“.

Damit steht erstmals eine Frau und erstmals kein Priester an der Spitze der Geschäftsführung der Bischofskonferenz. Gilles ist ab 1. Juli Koordinatorin der 68 katholischen Bischöfe im Land.

Keine Informationen über die Wahl
Beate Gilles folgt auf Pater Dr. Hans Langendörfer, der das Amt 24 Jahre lang innehatte und letztes Jahr seinen Rückzug ankündigte. Die Wahl des Generalsekretärs erfolgt durch die Bischofsvollversammlung in geheimer Wahl. In den ersten beiden Wahlgängen ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Ob Gilles andere Mitbewerber hatte und in welchem Wahlgang sie gewählt wurde, ließ die Bischofskonferenz unbeantwortet. Bischof Bätzing legte Wert darauf zu erläutern, dass eine dreiköpfige Findungskommission die Wahl vorbereitete.

Bischof Bätzing: „Ein starkes Zeichen“
„Mit Frau Dr. Gilles wird zum ersten Mal in der Geschichte der Deutschen Bischofskonferenz eine Frau Generalsekretärin. Ich sehe das als starkes Zeichen, dass die Bischöfe ihrer Zusage nachkommen, Frauen in Führungspositionen zu fördern“, erklärte Bischof Bätzing. Er kennt seine neue rechte Hand für die Leitung der Bischofskonferenz seit fünf Jahren als Dezernentin für Kinder, Jugend und Familie „seines“ Bischöflichen Ordinariats, der Kirchenverwaltung des Bistums Limburg. Die von den Bischöfen gewählte Gilles soll damit ein Zeichen setzen in Richtung einer größeren Beteiligung von Frauen in der Kirche.

Gilles: „Jetzt wissen wir, dass es geht.“
Gilles, für sechs Jahre gewählt, sprach bei ihrer Vorstellung vor der Presse von einem „bewegendem Moment“. Die intelligente, mädchenhaft wirkende Katholikin erscheint auf den ersten Blick etwas bieder, doch sie kann die Dinge auf den Punkt bringen, als sie erklärte: „Letztes Jahr war noch die Frage, ,kann eine Frau ein solches Amt innehaben?’ Jetzt wissen wir, dass es geht.“

Auf ihr Privatleben angesprochen antwortete sie zögerlich-unsicher: „Ich bin nicht verheiratet, habe keine Kinder“, gleichwohl sei sie familiär gut eingebunden. „Eine Leidenschaft von mir ist, glaube ich, auch für diesen Beruf nicht ganz unwesentlich: Ich hab‘ einen langen Atem, ich bin Ausdauersportlerin. Das heißt, ich weiß, dass ein Marathon 40 Kilometer hat und sich aber nicht auf 40 Kilometern entscheidet, sondern auf den tausend Kilometern im Training – das ist meine Distanz.”

Fokus Medien
Ihre Unsicherheit bei der Pressekonferenz mag dem besonderen Moment der ungewohnt großen Öffentlichkeit geschuldet sein. Doch Interesse an Medien zeigte Gilles bereits in verschiedenen Bereichen und früheren Funktionen: Ihre Doktorarbeit an der Bonner Universität aus dem Jahr 2005 trägt den Titel „Durch das Auge der Kamera: eine liturgie-theologische Untersuchung zur Übertragung von Gottesdiensten im Fernsehen“. Später arbeitete sie als freie Mitarbeiterin der Katholischen Fernseharbeit beim ZDF. Seit Anfang des Jahres ist sie Beauftragte der hessischen Bistümer im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks.

„Und das ist ein Zeichen in der katholischen Kirche“
„Es ist ein großer Schritt, diese Stelle anders zu besetzen. Als erste Laientheologin wird mir sicherlich eine gewisse Aufmerksamkeit zuteil. Und das ist ein Zeichen in der katholischen Kirche, das ist mir sehr bewusst, und das Schöne an Zeichen und Symbolen ist, dass sie ihre Kraft nur entwickeln aus dem Kontext heraus. Und so verstehe ich das, nur im Zusammenspiel aller Beteiligten wird es gut funktionieren.”

Spannungen – viel in Bewegung
Gilles ist sich der schwierigen Lage ihrer Kirche in Zeiten der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch sowie drastischem Mitglieder- und Vertrauensschwund bewusst. „Die Spannungen, in denen wir stehen, sind enorm.“ Zugleich sei aber auch „sehr viel Bewegung hineingekommen. Es brechen sehr viele Dinge auf“.

„Ich laufe nicht weg“
Daher sei es eine besondere „Herausforderung … beisammen zu bleiben, an den Themen zu arbeiten, die Konflikte offen anzugehen und dennoch die gemeinsame Basis im Blick zu behalten.“ Die Kirche sei in einer kritischen wie spannenden Zeit, so Gilles gegenüber der Nachrichtenagentur KNA. In der Kirche sei vieles in Bewegung gekommen. „Also habe ich mir gesagt: Ich laufe nicht weg, sondern will mitgestalten.“

Beate Gilles sprach sich nachdrücklich für den Synodalen Weg aus. Danach gefragt, ob sie eine Feministin sei, antwortete sie: „Ich bin eine selbstbewusste Frau.“ Viele Anliegen von Maria 2.0 „sind natürlich auch meine Anliegen“. Maria 2.0 sei die Mitte der Kirche. „Das sind die Frauen, die unsere Kirche tragen. Ich glaube, ich bin an vielen von denen nahe dran.“

Kommentar: „Vorschnell und ein Fehler“
Dass sie sich mit solchen Äußerungen keineswegs nur Freunde macht, zeigt ein Kommentar der katholischen „Deutschen Tagespost“. Ihre so eindeutige Befürwortung des Synodalen Wegs, vor allem aber ihre Nähe zu Maria 2.0, die sie auf Nachfrage eher vorsichtig-diplomatisch formulierte, sei „vorschnell“ und „ein Fehler“ gewesen. „Eine so einseitig klare Positionierung auf ihrer ersten Pressekonferenz konterkariert das Anliegen. Es ist nichts weniger als eine verpasste Chance. Dieser Beginn lässt nichts Gutes ahnen, da viele engagierte Männer und Frauen in der Kirche mit dieser Generalsekretärin wohl weder eine Ansprechpartnerin noch eine Vermittlerin finden werden“, so der enttäuschte und sicherlich vorschnelle Kommentar der Deutschen Tagespost.

Beate Gilles wurde 1970 in Hückeswagen im Bergischen Land geboren, studierte von 1989 bis 1995 an der Universität Bonn katholische Religionslehre und Deutsch und legte hier die erste Staatsprüfung ab.

Von 2000 bis 2010 war Dr. Beate Gilles Leiterin und Geschäftsführerin des Katholischen Bildungswerkes Stuttgart e. V. Seit 2010 ist sie Dezernentin für Kinder, Jugend und Familie im Bistum Limburg. Seit 2020 ist sie ehrenamtliche Bundesvorsitzende von In Via Deutschland, dem katholischen Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit, von 2012 bis 2019 war sie stellvertretende Vorsitzende.

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